C 220/06
Urteil vom 5. November 2007
I. sozialrechtliche Abteilung
Bundesrichter Ursprung, Präsident, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter
Frésard, Gerichtsschreiberin Berger Götz.
B._, 1963, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Hurter,
Habsburgerstrasse 20, 6003 Luzern,
gegen
Dienststelle für Wirtschaft und Arbeit, Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern
(wira), Bürgenstrasse 12, 6005 Luzern, Beschwerdegegnerin.
Arbeitslosenversicherung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts
des Kantons Luzern vom 11. August 2006.
Sachverhalt:
A. Die 1963 geborene B._ war seit 16. August 1999 für die Organisation X._
tätig. Am 1. Juli 2003 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auf
den 31. Oktober 2003. Ärztlicherseits wurde B._ für die Dauer vom 2. bis
11. Juli 2003 und vom 4. August bis 31. Oktober 2003 eine ganze Arbeitsunfähigkeit
attestiert, vom 11. Juli bis 4. August 2003 hatte sie Ferien bezogen. Am
3. November 2003 stellte sie Antrag auf Arbeitslosenentschädigung. In der
arbeitsrechtlichen Streitigkeit zwischen B._ und der Arbeitslosenkasse des
Kantons Luzern einerseits und der Organisation X._ anderseits konnte das
Arbeitsgericht im Erledigungsentscheid vom 30. April 2004 feststellen, dass
die Parteien einen Vergleich geschlossen haben und unter anderem einig geworden
sind, dass das Austrittsdatum aus dem Betrieb der Organisation X._ auf den
31. Januar 2004 fällt und die Organisation X._ der Arbeitslosenkasse Fr.
5212.- (subrogierte Lohnforderungen der ehemaligen Arbeitnehmerin, entsprechend
60 Stempeltagen à Fr. 94.40, abzüglich Arbeitnehmerbeitrag für AHV, NBU und
BVG) sowie B._ Fr. 650.- bezahlt. B._ gelangte am 7. August 2005 mit einer
"Einsprache gegen Abrechnung Juli 2005" unter anderem mit dem Ersuchen an
die Arbeitslosenkasse, die Rahmenfrist für den Leistungsbezug sei neu auf
die Zeit vom 1. Februar 2004 bis 1. Februar 2006 festzusetzen. Mit Verfügung
vom 25. Oktober 2005 lehnte die Verwaltung eine Verschiebung der Rahmenfrist
für den Leistungsbezug ab. Zur Begründung gab sie an, eine vollständige oder
teilweise Realisierung von Lohn- oder Entschädigungsansprüchen führe zu keiner
Verschiebung oder Neufestsetzung der Rahmenfristen. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid
vom 12. Dezember 2005 fest (Dispositiv-Ziffer 1; mit Dispositiv-Ziffer 2
wies die Kasse das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung ab).
B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern hiess die dagegen von B._ erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 11. August 2006 insofern teilweise gut, als
Dispositiv-Ziffer 2 des Einspracheentscheides aufgehoben und die Sache an
die Arbeitslosenkasse zurückgewiesen wurde, damit sie die Entschädigung an
den unentgeltlichen Rechtsbeistand für das Einspracheverfahren festsetze.
Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Dispositiv-Ziffer
1). Es ernannte ferner Rechtsanwalt R._ zum unentgeltlichen Rechtsbeistand
für das Einspracheverfahren (Dispositiv-Ziffer 2), sprach B._ eine Parteientschädigung
von Fr. 200.- zulasten der Arbeitslosenkasse zu (Dispositiv-Ziffer 3) und
legte die Entschädigung zugunsten des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im
Beschwerdeverfahren auf Fr. 2224.70 fest (Dispositiv-Ziffer 4).
C. B._, vertreten durch Rechtsanwalt R._, lässt dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde
erheben. Mit derselben Eingabe führt R._ überdies sowohl in eigenem Namen
als auch für seine Klientin Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Bezug auf die
Höhe der vorinstanzlich zugesprochenen Parteientschädigung und des vorinstanzlich
zugesprochenen Honorars aus unentgeltlicher Verbeiständung (Verfahren C 33/07).
Es wird beantragt, in Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 1 des kantonalen Gerichtsentscheides
sei die Arbeitslosenkasse anzuweisen, B._ den Restanspruch von 132 Taggeldern
"(eventuell nur 90)" auszuzahlen und es sei "die Rechtsverweigerung festzustellen";
eventualiter sei Dispositiv-Ziffer 1 "auch insoweit teilweise aufzuheben,
als die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Punkt der beantragten Revision der
Rahmenfrist (Aufhebung der ALK-Verfügung Nr. ...) abgewiesen wurde". Ferner
wird um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung, um Beiladung des
Sozialamtes und um Einholung einer Stellungnahme des Staatssekretariates
für Wirtschaft (seco) ersucht. Das kantonale Gericht verzichtet auf eine
Vernehmlassung und beantragt unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen
Entscheid vom 11. August 2006 die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das seco und die Arbeitslosenkasse verzichten ebenfalls auf eine Stellungnahme,
wobei sich die Kasse dem Rechtsbegehren des kantonalen Gerichts auf Abweisung
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde anschliesst.
D. Nachdem auf den 1. Oktober 2006 ein Anwaltswechsel stattgefunden hat,
haben B._ und der vormalige Rechtsvertreter R._, beide nunmehr vertreten
durch Dr. Hans Hurter, am 4. November 2006 eine Replik einreichen lassen.
Mit Eingabe vom 18. September 2007 sind weitere Ausführungen zur Streitsache
gemacht worden. Die Arbeitslosenkasse hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17.
Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit
wurden das Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG) und das Bundesgericht
in Lausanne zu einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt
(Seiler/von Werdt/ Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10
Rz. 75) und es wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts
umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten
eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren
jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten
dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Gerichtsentscheid
am 11. August 2006 - und somit vor dem 1. Januar 2007 - erlassen wurde, richtet
sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz
über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl.
BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
2.
2.1 Mit der Beiladung werden Dritte, deren Interessen durch eine Entscheidung
berührt sind, in ein Verfahren einbezogen und daran beteiligt. Der Einbezug
eines Beteiligten in den Schriftenwechsel (vgl. auch Art. 110 Abs. 1 OG und
dazu BGE 125 V 80 E. 8b S. 94) hat den Sinn, die Rechtskraft des Urteils
auf ihn auszudehnen, so dass dieser in einem später gegen ihn gerichteten
Prozess dieses Urteil gegen sich gelten lassen muss. Das Interesse an einer
Beiladung ist rechtlicher Natur. Es muss eine Rückwirkung auf eine Rechtsbeziehung
zwischen der Hauptpartei und dem Mitinteressierten in Aussicht stehen (Gygi,
Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 183 f.; Kölz/ Häner,
Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich
1998, S. 191 N 528; BGE 125 V 80 E. 8b S. 94). Die Beiladung ermöglicht es,
dem Recht auf vorgängige Anhörung Rechnung zu tragen, bevor ein nachteiliger
Entscheid ergeht; damit ist die Beiladung auch Ausfluss des rechtlichen Gehörs
(Kölz/Häner, a.a.O., S. 191 f. N 528 f.). 2.2 Im Lichte dieser grundsätzlichen
Überlegungen zu Bedeutung und Tragweite von Art. 110 Abs. 1 OG ist das Beiladungsbegehren
der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Fürsorgebehörde abzulehnen. Fehlt
der sozialversicherungsrechtliche Schutz, erweist er sich im Einzelfall als
ungenügend oder sind Leistungen der Sozialversicherung nicht rechtzeitig
erhältlich, kommt die öffentliche Sozialhilfe zum Zuge. Die dem Gemeinwesen
kraft Gesetz obliegende Fürsorgepflicht besteht unabhängig von einer allfälligen
Leistungspflicht der Arbeitslosenversicherung. Angesichts der an das Rechtsschutzinteresse
von Nichtadressaten von Verfügungen zu stellenden erhöhten Anforderungen
verneinte das damals zuständige EVG das unmittelbare und konkrete Interesse
der Sozialbehörde an der Aufhebung oder Änderung eines Einspracheentscheides
der Arbeitslosenversicherung im Urteil C 12/04 vom 14. Oktober 2004, publ.
in: SVR 2005 ALV Nr. 5 S. 13. Aus denselben Gründen ist von einer Beiladung
der Fürsorgebehörde zum vorliegenden Verfahren abzusehen.
3.
3.1 Nach Art. 8 Abs. 1 AVIG hat der Versicherte Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung,
wenn er unter anderem ganz oder teilweise arbeitslos ist (lit. a), einen
anrechenbaren Arbeitsausfall erlitten hat (lit. b) und die Kontrollvorschriften
erfüllt (lit. g). Der Arbeitsausfall ist anrechenbar, wenn er einen Verdienstausfall
zur Folge hat und mindestens zwei aufeinander folgende volle Arbeitstage
dauert (Art. 11 Abs. 1 AVIG). Nicht anrechenbar ist ein Arbeitsausfall, für
den dem Arbeitslosen Lohnansprüche oder wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses
Entschädigungsansprüche zustehen (Art. 11 Abs. 3 AVIG). Hat die Kasse begründete
Zweifel darüber, ob der Versicherte für die Zeit des Arbeitsausfalls gegenüber
seinem bisherigen Arbeitgeber Lohn- oder Entschädigungsansprüche im Sinne
von Art. 11 Abs. 3 AVIG hat oder ob sie erfüllt werden, so zahlt sie Arbeitslosenentschädigung
aus (Art. 29 Abs. 1 AVIG). Mit der Zahlung gehen alle Ansprüche des Versicherten
samt dem gesetzlichen Konkursprivileg im Umfang der ausgerichteten Taggeldentschädigung
auf die Kasse über (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 AVIG).
3.2 Gemäss Art. 9 AVIG gelten für den Leistungsbezug und für die Beitragszeit
zweijährige Rahmenfristen, sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht (Abs.
1). Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug beginnt am ersten Tag, für den
sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Abs. 2). Die Rahmenfrist
für die Beitragszeit beginnt zwei Jahre vor diesem Tag (Abs. 3). Ist die
Rahmenfrist für den Leistungsbezug abgelaufen und beansprucht die versicherte
Person wieder Arbeitslosenentschädigung, so gelten, sofern das Gesetz nichts
anderes vorsieht, erneut zweijährige Rahmenfristen für den Leistungsbezug
und die Beitragszeit (Abs. 4). Innerhalb der Rahmenfrist für den Leistungsbezug
bestimmt sich die Höchstzahl der Taggelder nach dem Alter der Versicherten
sowie nach der Beitragszeit (Art. 27 Abs. 1 AVIG). Anspruch auf höchstens
520 Taggelder besteht unter anderem, wenn die versicherte Person eine Invalidenrente
der Invalidenversicherung oder der obligatorischen Unfallversicherung bezieht
oder eine solche Rente beantragt hat und der Antrag nicht aussichtslos erscheint,
und wenn sie eine Beitragszeit von mindestens 18 Monaten nachweisen kann
(Art. 27 Abs. 2 lit. c AVIG).
4. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2003 kündigte die Arbeitslosenkasse unter
Hinweis auf die damals noch ungeklärte Sachlage bezüglich Lohnfortzahlung
während der vertraglichen Kündigungsfrist oder Verlängerung des Arbeitsverhältnisses
an, dass sie Leistungen gestützt auf Art. 29 Abs. 1 AVIG erbringen werde.
Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug legte sie auf die Zeit vom 3. November
2003 bis 2. November 2005 fest. Mit Erklärung vom 29. Januar 2004 trat sie
für einen Forderungsbetrag von Fr. 5212.- in den arbeitsrechtlichen Prozess
ein. Im Rahmen der vergleichsweisen Beilegung des arbeitsrechtlichen Streits
erklärte sich die Organisation X._ bereit, der Arbeitslosenkasse Fr. 5212.-
und der Beschwerdeführerin Fr. 650.- zu bezahlen (und das Austrittsdatum
aus dem Betrieb auf den 31. Januar 2004 zu verschieben; Erledigungsentscheid
des Arbeitsgerichts vom 30. April 2004). Die Versicherte leitet daraus ab,
dass die Rahmenfrist für den Leistungsbezug zu revidieren sei. Dies sei auch
deshalb nötig, weil vom 8. November bis 11. Februar 2005 keine Arbeitslosenentschädigung
bezogen worden sei.
4.1
4.1.1 Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug begrenzt die Anspruchsberechtigung
in zeitlicher Hinsicht und legt die für die Dauer und Höhe der Leistungen
massgebende Zeitspanne fest (Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches
Bundessozialversicherungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel/Genf/
München 2007, S. 2211 N 102). Einmal eröffnete Rahmenfristen bleiben grundsätzlich
bestehen, weshalb eine neue Rahmenfrist für den Leistungsbezug frühestens
nach Ablauf der alten Rahmenfrist eröffnet werden kann. Weder eine die Arbeitslosenentschädigung
ausschliessende Tätigkeit noch der Wegfall der Anspruchsberechtigung als
solche (beispielsweise bei nicht mehr gegebener Vermittlungsfähigkeit) beendigen
die Rahmenfrist (Nussbaumer, a.a.O., S. 2217 f. N 125). Die Beständigkeit
des einmal festgelegten Beginns der Rahmenfrist für den Leistungsbezug steht
allerdings unter dem Vorbehalt, dass sich die Zusprechung und Ausrichtung
von Arbeitslosenentschädigung nicht nachträglich zufolge Fehlens einer oder
mehrerer Anspruchsvoraussetzungen unter wiedererwägungsrechtlichem oder prozessual-revisionsrechtlichem
Gesichtswinkel als unrichtig erweisen (BGE 127 V 475 E. 2b/aa S. 477; Nussbaumer,
a.a.O., S. 2218 N 125).
4.1.2 Die Beschwerdeführerin übersieht bei ihrer Argumentation, dass die
Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung gestützt auf den vorliegend zur
Anwendung gelangenden Art. 29 Abs. 1 AVIG (vgl. E. 4 hiervor) einen Sonderfall
darstellt. Hier wird unter der Voraussetzung, dass begründete Zweifel über
Ansprüche aus Arbeitsvertrag bestehen, zugunsten des Leistungsbezügers das
Anspruchsmerkmal des anrechenbaren Arbeitsausfalles (Art. 8 Abs. 1 lit. b
in Verbindung mit Art. 11 AVIG; E. 3.1 hiervor) im Sinne einer unwiderlegbaren
gesetzlichen Vermutung als gegeben angenommen. Folgerichtig stellt die spätere
vollständige oder teilweise Erfüllung der im Bestand oder im Hinblick auf
die Realisierbarkeit mit Zweifeln behafteten Lohn- und Entschädigungsansprüche
im Sinne von Art. 11 Abs. 3 AVIG keinen prozessualen Revisionsgrund dar mit
der Folge, dass die Rahmenfrist entsprechend neu festzulegen wäre (BGE 126
V 368 E. 3a und b S. 372 ff.). Ebenfalls entfällt - systemkonform - eine
Rückerstattungspflicht (Urteil des EVG C 91/00 vom 15. Januar 2001).
4.1.3 Den Einwänden der Versicherten steht zudem entgegen, dass die Arbeitslosenkasse
auf Grund dieser Sonderregel nicht nur Erwerbsersatz leistet, sondern den
arbeitslosen Personen auch die mit einem Prozess gegen den früheren Arbeitgeber
verbundenen Kosten- und Inkassorisiken abnimmt. Sachlich lässt es sich daher
durchaus vertreten, wenn die nach Massgabe von Art. 8 Abs. 1, Art. 9 und
Art. 29 Abs. 1 AVIG festgelegte Rahmenfrist für den Leistungsbezug auch bei
nachträglicher teilweiser oder vollständiger Realisierung der arbeitsvertraglichen
Ansprüche unverändert bleibt. Damit wird im Übrigen insofern eine Gleichbehandlung
der Versicherten im Sinne des Versicherungsprinzips erreicht, als es in leistungsmässiger
Hinsicht nicht darauf ankommt, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem
Zeitpunkt die betreffenden Forderungen eingebracht werden können. Im Übrigen
steht es den Versicherten grundsätzlich frei, ob sie Leistungen nach Art.
29 Abs. 1 AVIG beanspruchen oder die arbeitsvertraglichen Ansprüche selber
geltend machen und sich erst für eine anschliessende Arbeitslosigkeit zum
Leistungsbezug bei der Arbeitslosenversicherung anmelden wollen (BGE 126
V 368 E. 3c/aa S. 374).
4.1.4 Der Hinweis der Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 18. September
2007 auf das Urteil des EVG C 4/06 vom 26. Juli 2007 ist unbehelflich, weil
sich in Bezug auf die vorliegende Konstellation keine Schlüsse daraus ziehen
lassen. Namentlich erbrachte die Arbeitslosenkasse dort keine Leistungen
nach Art. 29 Abs. 1 AVIG, womit die Verschiebung der Rahmenfrist aus wiedererwägungs-
oder revisionsrechtlichen Gründen - im Gegensatz zum vorliegenden Fall -
grundsätzlich möglich war.
4.2 Soweit die Versicherte eine Verschiebung (gemeint ist wohl eine Verlängerung)
der Rahmenfrist für den Leistungsbezug verlangt, weil sie in der Zeit vom
8. November 2004 bis 11. Februar 2005 keine Arbeitslosenentschädigung, sondern
Taggelder der Invalidenversicherung (berufliche Abklärung) bezogen hat, kann
ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Es wird in dieser Hinsicht vollumfänglich
auf die zutreffenden Ausführungen des kantonalen Gerichts verwiesen, denen
das Bundesgericht nichts beizufügen hat.
5. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird weiter vorgebracht, der Nichtvollzug
zweier rechtskräftiger Verfügungen vom 30. November 2005 und vom 6. September
2005 stelle eine Rechtsverweigerung nach Art. 29 BV dar, sei willkürlich,
verstosse gegen Treu und Glauben und sei unfair im Sinne von Art. 6 Ziff.
1 EMRK.
5.1 Bei den genannten "rechtskräftigen Verfügungen" handelt es sich um die
Taggeldabrechnung für den Monat November 2005 vom 30. November 2005 und um
einen an die Versicherte adressierten Brief der Arbeitslosenkasse vom 6.
September 2005. In diesem Schreiben wird unter anderem festgehalten, dass
der Höchstanspruch auf 520 Taggelder festgelegt werde, welcher "ohnehin über
zwei ganze Jahre läuft", weshalb eine Verschiebung der Rahmenfrist gar nicht
relevant wäre. Der Taggeldabrechnung vom 30. November 2005 lässt sich entnehmen,
dass ein Restanspruch auf 132 Taggelder besteht. Aus diesen zwei Dokumenten
möchte die Beschwerdeführerin die Verpflichtung der Kasse ableiten, 132 Taggelder
nachzuzahlen.
5.2 Ob es sich bei den erwähnten Schriftstücken um "rechtskräftige Verfügungen"
handelt, kann dahingestellt bleiben, wie sich sogleich ergibt. Es war bereits
im vorinstanzlichen Prozess nicht mehr umstritten, dass der Versicherten
im Sinne von Art. 27 Abs. 2 lit. c AVIG höchstens 520 Taggelder zustehen.
Ein rahmenfristverlängernder Tatbestand (so unter anderem die Aufnahme einer
selbstständigen Tätigkeit ohne Förderungsbeiträge, Kindererziehung oder Eintritt
der Arbeitslosigkeit kurz vor Erreichen des AHV-Rentenalters; Nussbaumer,
a.a.O., S. 2212 ff. N 104 ff.) lässt sich nicht ausmachen, ebenso wenig ein
Grund für die Verschiebung des Beginns der Rahmenfrist für den Leistungsbezug
(vgl. E. 4 hiervor), womit es dabei sein Bewenden hat, dass diese Frist vorliegend
zwei Jahre beträgt und vom 3. November 2003 bis 2. November 2005 dauert.
Etwas anderes lässt sich auch dem Schreiben der Kasse vom 6. September 2005
und der Taggeldabrechnung vom 30. November 2005 nicht entnehmen. Es ist der
Beschwerdeführerin zuzugestehen, dass der Vermerk auf der Abrechnung vom
30. November 2005 "Restanspruch 132.0" auf den ersten Blick Verwirrung stiften
kann. Doch auf derselben Abrechnung ist auch die Rahmenfrist für den Leistungsbezug
vom 3. November 2003 bis 2. November 2005 angegeben. Die Rahmenfrist für
den Leistungsbezug begrenzt die Anspruchsberechtigung in zeitlicher Hinsicht.
Die Höchstzahl der Taggelder bestimmt sich innerhalb der Rahmenfrist für
den Leistungsbezug nach dem Alter der Versicherten sowie nach der Beitragszeit
(Art. 27 Abs. 1 AVIG; E. 3.2 hiervor). Da in der Taggeldabrechnung vom 30.
November 2005 der klare Hinweis darauf zu finden ist, dass die Rahmenfrist
für den Leistungsbezug am 2. November 2005 endete, konnte bei der Versicherten
kein berechtigter Zweifel daran aufkommen, dass der "Restanspruch" von 132
Taggeldern zufolge Beendigung der Rahmenfrist für den Leistungsbezug nicht
mehr bezogen werden konnte. Es lässt sich darum weder aus dem Schreiben der
Kasse vom 6. September 2005 noch aus der Abrechnung vom 30. November 2005
etwas zu ihren Gunsten ableiten. Im Vorgehen der Verwaltung ist weder eine
Rechtsverweigerung noch Willkür, ein Verstoss gegen Treu und Glauben oder
eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu erkennen. Es bleibt daher bei
der Feststellung, dass der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosenentschädigung
mit dem 2. November 2005 geendet hat.
5.3 Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde darüber hinaus vorgebrachten
Einwände vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Die Versicherte wiederholt
darin lediglich die bereits im vorinstanzlichen Verfahren entkräfteten Rügen,
weshalb vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Gerichtsentscheid
verwiesen werden kann.
6. Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind
gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten erweist sich daher
als gegenstandslos. Die unentgeltliche Verbeiständung kann hingegen gewährt
werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig
ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung
geboten war (BGE 125 V 201 E. 4a und 371 E. 5b). Es wird indessen ausdrücklich
auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei
der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande
ist. Nach Eingang der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 13. September 2006
hat ein Anwaltswechsel stattgefunden. Demgemäss wird die Entschädigung in
Berücksichtigung des in den jeweiligen Verfahrensabschnitten notwendigen
Aufwandes der zwei unentgeltlichen Rechtsbeistände aufgeteilt zwischen Rechtsanwalt
R._, welcher die Verwaltungsgerichtsbeschwerde für die Versicherte eingereicht
hat (Kostennote vom 13. September 2006), und Rechtsanwalt Dr. Hans Hurter,
welcher die Beschwerdeführerin ab 1. Oktober 2006 vertritt.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird für das Verfahren
vor dem Bundesgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2905.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) an Rechtsanwalt R._ und von Fr. 200.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer) an Rechtsanwalt Dr. Hans Hurter, Luzern, ausgerichtet.
4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Dienststelle für Wirtschaft
und Arbeit Luzern (wira), Abteilung Zentrale Dienste, und dem Staatssekretariat
für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 5. November 2007