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Last update: 22. Januar 2010
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Ausgewählte
Rechtsprechung |
GRUNDSÄTZE, SINN UND
ZWECK DER BESTIMMUNG
Fälle
bloss vorübergehend fehlender oder verminderter
Arbeitsfähigkeit

Art.
28 Abs. 1 AVIG weicht vom Grundprinzip der
Arbeitslosenversicherung ab, wonach Leistungen nur bei
Vermittlungsfähigkeit der versicherten Person in Betracht kommen,
und erfasst - im Unterschied zu Art. 15 Abs.
2 Satz 1 AVIG - Fälle bloss vorübergehend fehlender oder
verminderter Arbeitsfähigkeit infolge Krankheit, Unfall und
Mutterschaft. Sinn
und Zweck der Ausnahmeregelung besteht darin, trotz
Vermittlungsunfähigkeit und damit an sich fehlender
Anspruchsberechtigung Härtefälle
zu vermeiden und Lücken im Bereich der "Nahtstellen" zwischen der
Arbeitslosenversicherung und insbesondere der Kranken- und
Unfallversicherung
zu schliessen. Im Interesse der Verbesserung der sozialen Sicherung
Arbeitsloser
sollte namentlich bei Krankheit und Unfall (weiterhin) ein zeitlich
limitierter
Taggeldanspruch bestehen.
C 360/99
Die Bestimmung ist auch auf
jene Versicherten anwendbar, die die Kontrollvorschriften noch
erfüllen können
 Nach dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 AVIG hat sowohl die
vermindert wie
auch die voll arbeits- und vermittlungsunfähige arbeitslose Person
Anspruch auf das volle Krankentaggeld. Daraus ist zu schliessen, dass
die Bestimmung nicht nur auf jene Versicherten anwendbar ist, die
praktisch voll arbeitsunfähig sind und aus diesem Grund die
Kontrollpflichten nicht erfüllen können, sondern auch auf
jene, die die
Kontrollvorschriften - zumindest teilweise - noch erfüllen
können.
8C_841/2009
Meldepflicht & Zeugnisvorlagepflicht =
Anspruchsvoraussetzungen

Will
ein Arbeitsloser Leistungen nach Art. 28 Abs. 1 AVIG beanspruchen,
hat er zunächst gemäss Art. 42 Abs. 1 AVIV die
Arbeitsunfähigkeit innert einer Woche seit deren Beginn der
zuständigen Amtsstelle zu
melden. Die Rechtzeitigkeit der Meldung ist formelle
Anspruchsvoraussetzung.
Deren Nichtbeachtung bewirkt, dass die versicherte Person, die ohne
entschuldbaren
Grund ihre Arbeitsfähigkeit verspätet meldet, keinen
Taggeldanspruch
für die Tage der vor der Meldung besitzt. Das Gesetz verlangt
zudem,
dass die arbeitslose Person ihre Arbeitsunfähigkeit mit einem
ärztlichen
Zeugnis nachzuweisen hat (Art. 28 Abs. 5 Satz 1 AVIG). Es soll damit,
gleich wie mit der in Art. 42 Abs. 1 AVIV statuierten Frist, der Gefahr
begegnet
werden, dass eine anspruchstellende Person missbräuchlich, etwa
dadurch,
dass sie sich der Kontrollpflicht und Vermittlung durch Berufung auf
blosse
Unpässlichkeit entzieht, Arbeitslosenentschädigung
beansprucht.
Das Erfordernis, ein ärztliches Zeugnis vorzulegen, ist demnach
nicht
blosse Ordnungsvorschrift, sondern eine weitere Anspruchsvoraussetzung.
C 220/03;
vgl. auch BGE 117 V 247
KOORDINATION
Taggeld bei Invalidität
Auf
den behinderten, aber trotz seiner Behindung
vermittlungsfähigen Versicherten, dessen Arbeits- und
Vermittlungsfähigkeit vorübergehend wegen Krankheit, Unfall
oder Mutterschaft vermindert oder vollständig aufgehoben wird,
findet für die Zeit der vorübergehenden Einschränkung
oder Aufhebung der Arbeits- und Vermittlungsfähigkeit die
Bestimmung des Art. 28 AVIG Anwendung.
C 286/05
Taggelder der Invalidenversicherung werden - im Gegensatz
zu denjenigen der Kranken- und Unfallversicherung - ohne Absolvierung
einer Wartezeit, vom ersten Tag an, erstattet, wenn die versicherte
Person an mindestens
drei aufeinander folgenden Tagen (Art. 22 Abs. 1 IVG), unter
Umständen
bereits, wenn sie an weniger als drei zusammenhängenden Tagen
(Art.
22 Abs. 3 IVG) in Eingliederung steht. Eine Lücke, wie sie vor der
Geltung des Art. 28 Abs. 1 AVIG im Bereich der Koordination von
Taggeldern
der Arbeitslosen- und der Kranken- oder Unfallversicherung entstehen
konnte,
liegt nicht vor. Ein "Nahtstellenproblem" zwischen Taggeldleistungen
der
Arbeitslosen- und der Invalidenversicherung ist somit nicht
feststellbar.
Auf Grund des Fehlens einer besonderen Koordinationsregel für
ALVund
IV-Taggelder haben daher vorübergehend vermittlungsunfähige
Personen,
denen Taggelder der Invalidenversicherung zustehen, gemäss der
Grundregel
(Art. 8 Abs. 1 lit. f in Verbindung mit Art. 15 AVIG) keinen Anspruch
auf
den gleichen Zeitraum betreffende Taggelder der
Arbeitslosenversicherung.
C 356/99
(vgl. auch C 360/99)
Koordination Taggelder nach KVG und UVG mit
ALV-Taggeldern
Als
Krankenversicherungstaggelder im Sinne von Art. 28 Abs. 2 AVIG
zählen Leistungen aus der freiwilligen Taggeldversicherung (Art.
67 ff. KVG) und solche aus den mit anerkannten Krankenkassen
gestützt auf Art. 12
Abs. 2 und 3 KVG sowie privaten Versicherungseinrichtungen (vgl. Art.
100
Abs. 2 VVG) abgeschlossenen Versicherungsverträgen. Nach Art. 100
Abs. 2 VVG sind für Versicherungsnehmer und Versicherte, die nach
Art.
10 AVIG als arbeitslos gelten, die Art. 71 - 73 KVG sinngemäss
anwendbar.
Unter der Marginalie "Koordination mit der Arbeitslosenversicherung"
bestimmt
Art. 73 KVG, dass arbeitslosen (Kranken-)Taggeldversicherten bei einer
Arbeitsunfähigkeit von mehr als 50 % das volle Taggeld und bei
einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als 25 %, aber höchstens 50
% das halbe Taggeld auszurichten ist, sofern die (Kranken-)Versicherer
auf Grund ihrer Versicherungsbedingungen oder vertraglicher
Vereinbarungen bei einem entsprechenden Grad der
Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich Leistungen erbringen (Abs.
1). So kann die arbeitslose Person das volle Krankentaggeld
beanspruchen, wenn sie zu mehr als 50 %
arbeitsunfähig ist (Art. 73 Abs. 1 Teilsatz 1 KVG), und sie hat in
diesem Fall keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 28
Abs. 4 AVIG). Bei einer Arbeitsfähigkeit zwischen 50 % und 75 %
erbringen
Arbeitslosenversicherung und Krankenversicherung je das halbe Taggeld
C 303/02

Ist
die versicherte Person, welche Taggeldleistungen der
Unfallversicherung bezieht, arbeitslos, so erbringt die
Unfallversicherung gemäss Art. 25 Abs. 3 UVV die ganze Leistung,
wenn die Arbeitsunfähigkeit mehr als 50 Prozent beträgt, und
die halbe Leistung, wenn die Arbeitsunfähigkeit mehr als 25, aber
höchstens 50 Prozent beträgt. Bei einer
Arbeitsunfähigkeit von 25 und weniger Prozent besteht kein
Taggeldanspruch. Bei dieser Norm handelt es sich
rechtsprechungsgemäss um eine Koordinationsbestimmung zwischen der
Unfall- und der Arbeitslosenversicherung. Deren Anwendung setzt das
Zusammentreffen von Taggeldern der Unfallversicherung mit solchen der
Arbeitslosenversicherung voraus. Diese Regelung greift daher nur dann
Platz, wenn die versicherte Person bei der Arbeitslosenversicherung
angemeldet ist (Urteil des Bundesgerichts vom 20. August 2008 i/S R.
[8C_173/2008], Erw. 2.2 mit Hinweis auf Stephan Kübler,
Erfahrungsbericht aus der Unfallversicherung, in: René
Schaffhauser/Ueli Kieser [Hrsg.], Sozialversicherungsrechtliche
Leistungskoordination, St. Gallen 2006, S. 107 ff., S. 140 mit Hinweis
auf das Urteil des vom 2. April 2001 [U 348/00], Erw. 3).
8C_173/2008
 Erbringt die Unfallversicherung ganze Taggelder
auf Grund einer über 50%igen Arbeitsunfähigkeit gemäss Art. 25 Abs. 3 UVV, so besteht angesichts der
ausdrücklichen und spezifischen Koordinationsbestimmung in Art. 28 Abs. 4 AVIG unabhängig davon, ob
die versicherte Person dauernd ( Art. 15 Abs. 2 AVIG)
oder bloss vorübergehend ( Art. 28 Abs. 1 AVIG)
nicht oder vermindert arbeitsfähig ist, kein Anspruch auf
Taggelder der Arbeitslosenversicherung (E. 6).
Bei einer 20%igen
Arbeitsfähigkeit wirkt sich eine Kürzung der ganzen
UV-Taggelder infolge Selbstverschuldens der versicherten Person im
Arbeitslosenversicherungsbereich nicht aus, da Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung nur besteht, wenn die versicherte Person
zu mindestens 50 % arbeitsfähig ist (E. 9.1).
BGE 135 V
185
Abzug von Erwerbsersatzleistungen
Erwerbsersatzleistungen
der Kranken- oder Unfallversicherung
müssen von der ALE abgezogen werden (Art. 28 Abs. 2 AVIG). Dies
gilt sowohl für Leistungen eines Sozialversicherers als auch
für solche eine Privatversicherers.
C 343/01
= BGE 128 V 176
Taggeld bei Mutterschaft (Art. 28 AVIG
in der Fassung bis 30. Juni 2003)
Für
einen Anspruch auf Taggeld gestützt auf Art. 28 Abs. 1
AVIG stellt die fehlende oder verminderte Arbeitsfähigkeit enie
unabdingbare Voraussetzung dar. Die Mutterschaft muss zu einer
gesundheitlichen Beeinträchtigung in dem Sinne führen, dass
die Versicherte nicht in der Lage ist, eine zumutbare Arbeit
anzunehmen. Die Bestimmungen des Arbeitsgesetzes, namentlich Art. 35a
ArG, wonach Wöchnerinnen während einer bestimmten Zeit nach
der Entbindung nicht arbeiten dürfen, sowie eine fehlende
Obhutsregelung stellen ihre Vermittlungsfähigkeit
diesbezüglich nicht in Frage.
C 138/03
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