|
Last update: 2. August 2010
|
|
Ausgewählte
Rechtsprechung |
VERRECHNUNG
siehe
Verrechnung
GUTER GLAUBE / ERLASS /
VERTRAUENSPRINZIP
siehe
Guter Glaube / Erlass
ALLGEMEINES
Umfang der
Rückerstattungspflicht / Verrechnung
Die
auf Grund der Verwitwung eintretende Erhöhung einer Invalidenrente
gemäss Art. 43 Abs. 1 Satz 1 IVG ändert am Umfang der
Rückerstattungspflicht nichts.
Witwen, Witwer und Waisen, welche neben den Voraussetzungen für
die
Ausrichtung einer Invalidenrente auch Anspruch auf eine Witwenrente der
AHV haben, haben Anspruch auf eine ganze IV-Rente. Es gelangt aber nur
die höhere der beiden Renten (vorliegend eine ganze
Invalidenrente) zur
Auszahlung.
Der Rückforderungsanspruch der ALV beschränkt sich auf die
dem
festgestellten Invaliditätsgrad entsprechenden Leistungen der
Invalidenversicherung. Wird folglich eine dem Invaliditätsgrad
entsprechende Rente infolge Verwitwung auf eine ganze Rente der
Invalidenversicherung erhöht, so unterliegt diese Erhöhung
der
Rückerstattungspflicht nicht.
8C_517/2009
(zur Publikation vorgesehen)
Allgemeiner Grundsatz
Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des
Sozialversicherungsrechts kann die Verwaltung eine formell
rechtskräftige Verfügung, welche nicht Gegenstand materieller
richterlicher Beurteilung gebildet hat, in Wiedererwägung ziehen,
wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung von erheblicher
Bedeutung ist.
BGE 126 V
399
Sind
die Abrechnungen, mit welchen einer versicherten Person Taggelder
ausgerichtet wurden, unbeanstandet geblieben und damit in formelle
Rechtskraft erwachsen (BGE 129 V 110), kann darauf nur unter den Titeln
der Wiedererwägung oder der prozessualen Revision
zurückgekommen werden (vgl. dazu BGE 127 V 469 Erw. 2c).
C 180/04
Erheblichkeit der Berichtigung
Bedeutung der für das Zurückkommen
auf die zweifellos unrichtige Verfügung vorausgesetzten
Erheblichkeit der Berichtigung.
BGE 107 V
180 (Erw. 2); C 205/00
(Erw. 5)
Rückforderung ohne
Rückkommenstitel
Eine ohne Bindung an die Voraussetzungen der
Wiedererwägung oder der prozessualen Revision erfolgende
Rückforderung formlos zugesprochener Versicherungsleistungen
(Bezügerabrechnung) ist nur während eines Zeitraums
möglich, welcher der Rechtsmittelfrist bei formellen
Verfügungen entspricht. Zu einem späteren Zeitpunkt bedarf
die Rückforderung eines Rückkommenstitels in Form einer
Wiedererwägung oder einer prozessualen Revision, auch wenn die
faktische Verfügung, z.B. die Taggeldabrechnung, von der
versicherten Person noch beanstandet werden kann, mithin noch keine
Rechtsbeständigkeit erreicht hat, die mit der bei formellen
Verfügungen mit dem Ablauf der Beschwerdefrist eintretenden
Rechtskraft vergleichbar wäre. Änderung der Rechtsprechung.
C 205/00
= BGE 129 V 110
Kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf
Wiedererwägung
Es besteht kein gerichtlich durchsetzbarer
Anspruch auf Wiedererwägung. Verfügungen, mit denen das
Eintreten auf ein Wiedererwägungsgesuch abgelehnt wird, sind somit
grundsätzlich nicht anfechtbar. Wenn die Verwaltung hingegen auf
ein Wiedererwägungsgesuch eintritt, die
Wiedererwägungsvoraussetzungen prüft und anschliessend einen
erneut ablehnenden Sachentscheid trifft, ist dieser beschwerdeweise
anfechtbar. Die nachfolgende gerichtliche Überprüfung hat
sich in einem solchen Falle indessen auf die Frage zu beschränken,
ob die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung der
bestätigten Verfügung gegeben sind. Prozessthema ist also
diesfalls, ob die Verwaltung zu Recht die ursprüngliche, formell
rechtskräftigeVerfügung nicht als zweifellos unrichtig
und/oder ihre Korrektur als von unerheblicher Bedeutung qualifizierte.
Hinsichtlich des Entscheides der Verwaltung sind drei Fälle
auseinanderzuhalten, nämlich
a. ob die Verwaltung auf das Wiedererwägungsgesuch nicht eintritt,
b. ob sie die Wiedererwägungsvoraussetzungen zwar prüft,
diese aber verneint und das Wiedererwägungsgesuch mit einem erneut
ablehnenden Sachentscheid beantwortet oder
c. ob sie die Wiedererwägungsvoraussetzungen prüft und bejaht
sowie einen neuen, von der ursprünglichen Verfügung
abweichenden Sachentscheid trifft.
C 276/01
Übergang der Rückerstattungsschuld auf
die Erben
Mit dem Tod des Rückerstattungspflichtigen
geht die Rückerstattungsschuld - falls die Erbschaft nicht
ausgeschlagen wurde - auf die Erben über (Universalsukzession),
doch ist den Erben der Erlass zu gewähren, wenn sie selbst
gutgläubig waren und die Rückerstattung eine grosse
Härte für sie bedeuten würde.
BGE 96 V 72
Macht die Verwaltung nach dem Tod einer Leistungen
empfangenden Person die Rückerstattung zu Unrecht ausgerichteter
Versicherungsleistungen geltend, genügt es für die
Rechtswirksamkeit der Verfügung, wenn mit dieser nur eine einzelne
Erbin oder ein einzelner Erbe ins Recht gefasst wurde (BGE 129 V 70).
Das EVG begründete die Änderung
der bisherigen Rechtsprechung, wonach die Verfügung jedem
einzelnen
Erben persönlich zu eröffnen war, wenn die Rückforderung
erst nach dem Tod des Leistungsbezügers geltend gemacht wurde, im
Wesentlichen damit, dass die Erben Solidarschuldner sind (Art. 143 Abs.
2 OR in Verbindung mit Art. 603 Abs. 1 ZGB) und nach Art. 144 OR von
Gläubigern je einzeln für einen Teil oder auch für das
Ganze belangt werden können (BGE 129 V 71 f. Erw. 3.2 und 3.3).
BGE 129 V
300, auch BGE 129 V 70
FRISTEN / VERWIRKUNG /
VOLLSTRECKUNG
Beginn der 1-jährigen Verwirkungsfrist
im Zeitpunkt der Auszahlung
Ob ein anzurechnender Zwischenverdienst oder
ein unberücksichtigt zu
bleibender Nebenverdienst vorliegt, hat die Kasse bei schwankenden
Verdienstverhältnissen
- systembedingt - für jede Kontrollperiode separat zu prüfen.
Die
1-jährige Verwirkungsfrist beginnt somit im Zeitpunkt der
Auszahlung
der Leistung zu laufen.
C 7/06
Beginn der 5-jährigen Vollstreckungsfrist
Für die Rückforderung von Leistungen
der ALV gilt analog
zu Art. 16 Abs. 2 AHVG eine fünfjährige Vollstreckungsfrist.
Wird ein Erlassgesuch gestellt, beginnt diese Frist mit der
rechtskräftigen Abweisung des Gesuchs zu laufen.
C 37/04
Fristen für prozessuale Revision von
Verwaltungsverfügungen
Nach der Rechtsprechung ist die prozessuale
Revision von Verwaltungsverfügungen nur innerhalb der für die
Revision von Beschwerdeentscheiden (Art. 67 VwVG) massgebenden Fristen
zulässig (RKUV 1994 Nr. U 191 S. 145 ff.; vgl. in diesem
Zusammenhang auch Art. 53 Abs. 1 ATSG: Kieser, a.a.O., Art. 53 Rz. 16).
Danach gilt nebst der absoluten zehnjährigen Frist, welche mit der
Eröffnung des Entscheids einsetzt, eine relative 90-tägige
Frist, welche mit der Entdeckung des Revisionsgrundes zu laufen
beginnt. Bei einer Revision von Amtes wegen hat die Verwaltung in der
Regel innert einer Frist von 90 Tagen seit Kenntnis des
Revisionsgrundes zu verfügen. Eine Ausnahme ist vorzusehen
für den Fall, dass der Revisionstatbestand länger dauernde
Abklärungen erforderlich macht. Diesfalls genügt es, wenn die
Verwaltung dem Versicherten den Revisionsgrund und die
(voraussichtliche) Abänderung der Verfügung fristgerecht
anzeigt, die erforderlichen Abklärungen innert angemessener Frist
nachholt und anschliessend verfügt (analog der Regelung
bezüglich der Verwirkung des Rückforderungsanspruchs: BGE 112
V 182 Erw. 4b).
C 214/03
Untergang der fristwahrenden Wirkung bei Aufhebung
der Verfügung durch Verwaltung
Bei ersatzloser Aufhebung einer unangefochten
in Rechtskraft erwachsenen Rückerstattunsverfügung durch die
Verwaltung auf dem Wege der Wiedererwägung gehen - anders als im
Falle einer gerichtlichen Aufhebung und Rückweisung zu neuer
Verfügung (vgl. dazu C
265/03) - deren Rechfolgen und Rechtswirkungen, namentlich die
fristwahrende Wirkung, unter.
C 19/03
Publizitiätswirkung von
Handelsregistereinträgen
Rückforderung der dem mitarbeitenden
Verwaltungsratsmitglied einer AG zu Unrecht ausbezahlten
Kurzarbeitsentschädigung; Verwirkung; Publizitiätswirkung.
Die einjährige relative Verwirkungsfrist des Art. 95 Abs. 4
AVIG beginnt in jenem Zeitpunkt zu laufen, in welchem die
Arbeitslosenkasse zumutbarerweise Kenntnis vom
rückforderungsbegründenden Sachverhalt haben konnte. Aufgrund
der Publizitätswirkung des Handelsregisters, aus welchem
die Verwaltungsratsstellung ersichtlich ist, muss sich die
Arbeitslosenkasse die den Entschädigungsanspruch ausschliessende
Mitgliedschaft des Arbeitnehmers im Verwaltungsrat von Anfang an
entgegenhalten lassen. Eines zweiten Anlasses für den Beginn der
Frist im Sinne von BGE 110 V 306 f. Erw. 2b bedarf es nicht.
BGE 122 V
270
Auch
bei Ausrichtung von ALE muss sich die Kasse die
Publizitätswirkung des Handelsregistereintrages von Anfang an
entgegen halten lassen.
C 267/01
Der
Umstand, dass die versicherte Person auf dem Formular unwahre
Angaben zu ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung macht ... ändet
an
der Publizitätswirkung des Handelsregisters nichts. Eine Korrektur
des aus der Anwendung von Art. 25 Abs. 2 Satz 1 ATSG in Verbindung mit
Art. 933 Abs. 1 OR, sich ergebenden Fristenlaufs wäre
höchstens bei Verletzung des sowohl für Behörden als
auch Private allgemein geltenden Rechtsgrundsatzes des
Rechtsmissbrauchsverbots denkbar (BGE 123 III 220 E. 3). Es
bedürfte einer qualifizierten Falschauskunft mit der Absicht des
Erschleichens von Leistungen mit Wissen um die Verwaltungspraxis.
8C_293/2008
Keine Verwirkung so lange noch nicht ausbezahlt
Der Rückforderungsanspruch kann bei
unrechtmässig ausgerichteten monatlichen Entschädigungen so
lange nicht verwirken, als die einzelne Leistung tatsächlich noch
nicht ausbezahlt worden ist (BGE 122 V 276 Erw. 5b/bb in fine).
BGE 122 V
270 (Erw. 5b/bb), auch C
267/01
Keine Verwirkung so lange IV-Verfügung noch
nicht in Rechtskraft
Richtet die Arbeitslosenkasse vorschussweise
Taggelder aus und spricht die Invalidenversicherung dem Versicherten
später rückwirkend
für dieselbe Zeitspanne eine Rente zu, fordert die
Arbeitslosenkasse
die ausbezahlten Entschädigungen zurück. Sie verrechnet
alsdann
ihre Rückforderung mit der Rentennachzahlung. Die in Art. 95 Abs.
4 AVIG vorgesehene fünfjährige Verwirkungsfrist (neu Art.
25 Abs. 2 ATSG) beginnt in solchen Fällen erst zu laufen, wenn
die Rentenverfügung der Invalidenversicherung rechtskräftig
geworden ist.
Auslegung dieser Bestimmung im Sinne einer teleologischen Reduktion.
BGE 127 V 484 (f)
"Zweiter Anlass" für Beginn des Fristenlaufs
Auch dort, wo die unrichtige
Leistungsausrichtung auf Grund einer Verletzung des
Untersuchungsgrundsatzes erfolgte (Unterlassen der Abklärung einer
Anspruchsvoraussetzung), ist für den Beginn des Fristenlaufs ein
"zweiter Anlass" erforderlich.
C 36/01
Fristenlauf beginnt nicht schon bei Kenntnis
über mögliche Unregelmässigkeiten
Es entspricht ordnungsgemässem
Verwaltungshandeln, wenn die ALK, welche Kenntnis über
mögliche Unregelmässigkeit bei der Auszahlung von KAE und SWE
erhält, zunächst versucht, sich mittels Einholung von
Unterlagen ein klareres Bild zu verschaffen, ehe sie beim
zuständigen Bundesamt die Durchführung einr Prüfung
verlangt. Die einjährige Verwirkungsfrist beginnt daher nicht
schon zum Zeitpunkt zu laufen, in
welchem das Bundsamt frühestens einen Prüfungsbericht
hätte
vorlegen können, wenn es unverzüglich über die
angeblichen
Unregelmässigkeiten informiert worden wäre. Massgebendist
vielmehr
der Zeitpunkt, in welchem der Bericht des Bundesamtes über die zu
Unrecht ausbezahlten Entschädigungen bei ordnungsgemässem
Handeln
der Kasse vorliegen konnte.
C 11/00
Rückforderung von KAE
Das für jede Abrechnungsperiode von den
von der Kurzarbeit betroffenen Firmen separat einzureichende Formular
"Antrag auf Kurzarbeitsentschädigung" führt auf der
Vorderseite in Ziffer 2 als "Nicht anspruchsberechtigte Arbeitnehmer"
solche auf, deren Arbeitsausfall nicht bestimmbar oder deren
Arbeitszeit nicht ausreichend kontrollierbar ist. Anhand dieses klaren
und unmissverständlichen Hinweises hätte die Firma bei
Anwendung eines Mindestmasses an Aufmerksamkeit ohne weiteres erkennen
können und
müssen, dass für ihre Angestellten, für welche
überhaupt keine Arbeitszeitkontrolle geführt worden ist, kein
Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung bestand. Dies gilt umso
mehr, als durch Unterzeichnung des Formulars bestätigt wird, dass
die Arbeitnehmer nicht nur über die Einführung der
Kurzarbeitszeit, sondern auch die Kontrollpflicht orientiert worden
seien (Ziffer 3 des Formulars "Bestätigung durch den Arbeitgeber").
C 456/99
|
|
|
|